"Brigitte Tast
erklärt nichts. Sie steht in der Dunkelheit, knipst ihre Dias weiter und
liest dazu ihre Texte. Sie trägt ein rotes, kurzes Kleid und rote
Spitzenstrümpfe. Darüber hat sie einen fleckigen Malerkittel gezogen. Um
den Hals liegt ein Hundehalsband.
Ihre Geschichte ist eine sehr persönliche Geschichte. Die Geschichte
einer Frau, die seit ihrer Kindheit vergewaltigt wurde. Auch wenn der
offizielle Name der Vergewaltigung meist 'Liebe' lautete, und die, die
Gewalt an ihr ausübten, nicht immer Männer waren.
Die Gewalt der Mutter über ihre Tochter zum Beispiel sieht in Brigitte
Tasts Vorführung so aus:
Sie zeigt ein Bild von sich im Alter von fünf Jahren, die Haare brav
gescheitelt, mit einer Spange zurückgehalten.
'Sieh doch, diese Augen aus Blau. Schau hinein.' liest sie. Nur, die Augen
sind gar nicht blau, und den Blick dieser Augen hat schon Rilke
beschrieben: 'Es ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend
Stäben keine Welt.'"
(Karin Thümling) |
"Denn. Wo ist der,
der so denkt und fühlt wie ich?
Der spürt, wie verletzlich ich bin,
wie wund überall unter der Haut.
Der bemerkt,
wie schnell ich beginne zu zittern.
Ich suche jemanden,
der mein Gesicht vorsichtig berührt, meinen missbrauchten Mund
leidenschaftlich und ehrlich küsst. Aber besser, er würde es nie tun,
dann bräuchte ich
ihn vielleicht auch nie quälen."
(Tex-Auszug)

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BRD
1983-85, 2o S/W-Dias (4 x 4cm), ca. 25 min.,
ein
von der Autorin persönlich eingelesener Text;
Buch und Regie: Brigitte Tast;
Fotografie: Brigitte Tast, Hans-Jürgen Tast, anonym;
Gipsrelief: Heide Buff-Dommel;
Darsteller/innen (in der Reihenfolge ihres Erscheinens):
Anne Dommel, Brigitte Tast, Isadora Tast;
Uraufführung: 8. Dez. 1985, "Zentrum" (Lübeck),
innerhalb der Veranstaltung
"Das Private wird öffentlich -
Filme von Frauen gestern und heute"
"Schöne Verlierer"
ist
1983 in
gedruckter Form
als bibliophiles Tschitschimeka-Buch,
(lim., num., sign.,
ISBN 3-88842-302-3,
kompl. Text, alle
Aufnahmen als eingeklebte Original-Fotografien) erschienen. |